Pornografisches Material war noch nie so einfach zu konsumieren wie heute. Vor 30 Jahren musste man noch Erotikshops oder die Erwachsenenecke in der Videothek aufsuchen, um an Erotikfilme oder -zeitschriften zu kommen, wenn man mal die Soft-Erotikfilme wie „Liebesgrüße aus der Lederhose“ außen vorlässt, die damals frei verfügbar im Fernsehen liefen. Heute genügen wenige Klicks und es ist alles verfügbar, was man sich noch nicht mal vorstellen konnte, anonym und kostenlos.

Während meine Generation von Jugendzeitschriften wie „Bravo“ an das Thema Sexualität herangeführt wurde, übernimmt das heute das Internet. Während die „Bravo“ aber noch mit sexualpädagogischem Hintergrund einen eher aufklärerischen Zweck verfolgt hat, ist das Internetangebot völlig unreglementiert, Aufklärung mit der Brechstange sozusagen. Die Gefahr dabei ist, dass sich Jugendliche mit den Inhalten identifizieren und das Gesehene als erstrebenswertes Verhalten ansehen. Die real gelebte Sexualität weicht jedoch davon ab und lässt das Idealbild unerreichbar, was zu Frustrationen führen kann. Zahlreiche Studien lassen jedoch erst einmal aufatmen, so können Jugendliche und Erwachsene offenbar ganz gut unterscheiden, was real gelebte Sexualität ist und was konsumierte Sexualität im Internet. Vergleichbar ist das mit Actionfilmen, ein Stück weit identifizieren wir uns mit den Rollen, handeln dann aber im realen Leben glücklicherweise doch anders.

Bleibt der Pornokonsum im Internet in einem normalen Umfang, geht also zunächst keine Gefahr für die partnerschaftliche Sexualität aus. Steigt der Konsum jedoch an, kann dies auch Probleme in der Beziehung auslösen. Die Folgen können ein Abstumpfen sein, sodass die sexuelle Erregung immer stärker wachsen muss, um Befriedigung zu erreichen. Oft fühlt sich der Partner zurückgesetzt, da er sich in einem Konkurrenzverhältnis zu den Pornoakteuren sieht oder er fühlt sich außerstande das erhöhte, notwendig gewordene Erregungsniveau zu befriedigen. Ist Letzteres der Fall, kann das zu einer weiteren Steigerung des Pornokonsums führen und schließlich zu einer Abhängigkeit, da nur dort die sexuelle Befriedigung im gewünschten Umfang erfolgt.

Wichtig für die Betroffenen ist es die Abhängigkeit zu erkennen. Anzeichen dafür sind u. a. eine ansteigende Nutzungsdauer, ein Unterordnen von sozialen Kontakten und sozialer Interaktion, sowie innere Gereiztheit, wenn das Medium nicht zur Verfügung steht. Wenn es dann noch misslingt, die Spirale der Abhängigkeit zu durchbrechen, sollte externe Unterstützung hinzugezogen werden.

Gefährdet Pornokonsum also die Sexualität in der Beziehung? Als Antwort lässt sich sagen, die Dosis macht das Gift. Wie so oft kann auch hier Kommunikation mit dem Partner helfen: Möglicherweise begünstigen nicht ausgelebte sexuelle Wünsche und Bedürfnisse den Pornokonsum im Internet. In der Praxis wissen viele Menschen aber gar nicht, was der Partner wünscht. Vielleicht hilft ein Austausch darüber dabei, das eigene sexuelle Profil zu erweitern und den Partner eine Alternative zum Pornokonsum zu schaffen.